Europa steht auf dem Spiel

Veröffentlicht am 22.11.2011 in Europa

Ursachen der Krise und die Antwort sozialdemokratischer Politik

Teil 1 Woher kommt die Krise?

Ungezügelte Spekulation und Gier an den Märkten sowie ein völlig fehlgesteuertes Finanzsystem lösten 2007/2008 die größte Wirtschaftskrise seit rund 80 Jahren aus. Krachend gescheitert war damit auch die Botschaft der Wirtschaftsliberalen, die jahrzehntelang die Unterordnung der Politik unter das „freie Spiel der Märkte“ gefordert hatten. Die Folgen dieses Irrwegs waren jedoch verheerend. Zwischen 1990 und 2010 blähte sich das Volumen der globalen Kapitalmarktgeschäfte vom siebenfachen des weltweiten Bruttoinlandsprodukts auf das 26-fache auf.

Gleichzeitig wuchs die Vernetzung der Finanzmärkte und der beteiligten Akteure. Ungleichgewichte im Welthandel trugen ein Übriges zur Erhöhung der internationalen Abhängigkeiten bei. Als die Immobilienblase in den USA im Sommer 2007 platzte, kam es daher zu einem globalen Finanzerdbeben. Allein durch Abschreibungen, Wertverluste von Immobilien und den Einbruch der Weltwirtschaft hat die Finanzkrise bis 2009 weltweit geschätzte 7.300 Milliarden Euro „verbrannt“. Das entspricht in etwa dem Dreifachen des deutschen Bruttoinlandsprodukts.

Es besteht kein Zweifel: Europa ist von der Krise und ihren Folgen hart gezeichnet. Genauer analysiert müsste allerdings von drei Krisen gesprochen werden. Erstens von einer Krise des internationalen Finanzsystems. Sie begann im Sommer 2007 mit dem Zusammenbruch des US-Hypothekenmarktes und wurde ein Jahr später durch den Kollaps der Investmentbank Lehman Brothers noch einmal dramatisch verschärft. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sahen sich daraufhin gezwungen, umfassende Rettungsschirme für die Banken aufzuspannen. Laut EU-Kommission haben die Mitgliedstaaten im Verlauf der Krise rund 4.600 Milliarden Euro in Form von Beteiligungen, Garantien und zinsgünstigen Krediten zur Rettung des Finanzsektors aufgewandt. Dies entspricht in etwa einem Drittel des europäischen Bruttoinlandsprodukts (BIP).

In der Realwirtschaft folgte 2008 dann die zweite Krise. War das BIP der Europäischen Union 2007 noch um 3,1 Prozent gestiegen, betrug das Wachstum in 2008 nur noch 0,5 Prozent, bevor die Wirtschaft in 2009 um 4,3 Prozent schrumpfte. Deutschland erlebte sogar einen Einbruch um 5,1 Prozent. In der Eurozone stieg die Arbeitslosenrate von 7,6 Prozent in 2008 auf 10 Prozent in 2011. Als Reaktion legten die EU-Mitgliedstaaten Konjunkturprogramme auf. Allein Deutschland, Frankreich und Großbritannien nahmen zur Stabilisierung der Realwirtschaft zusammen über 180 Milliarden Euro in die Hand.

In Verbindung mit höheren Sozialausgaben und geringeren Steuereinnahmen führten Rettungsschirme und Konjunkturprogramme 2009 schließlich zur Krise bei den Staatshaushalten. Inzwischen schwebt das Damoklesschwert eines drohenden Staatsbankrotts über einer ganzen Reihe von EU-Mitgliedstaaten. Tabelle 2 belegt, dass die Staatsverschuldung in der Eurozone vor der Krise mit 66 Prozent (2007) nicht weit über dem im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts vorgeschriebenen Wert von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts lag. Länder wie Spanien oder Irland waren sogar weit unterhalb der 60-Prozent-Marke. In Folge der Finanzmarktkrise stieg die Staatsverschuldung der Eurozone jedoch sprunghaft an: auf über 85 Prozent (2010).

Die Schuldenkrise ist aber längst nicht nur das Ergebnis von höheren Staatsausgaben. Sie muss auch im Zusammenhang mit massiven Problemen staatlicher Refnanzierung und Vertrauensverlusten an den Märkten gesehen werden. Diese spiegeln sich in dramatisch gestiegenen Renditen für Staatsanleihen wider. Daran sind nicht zuletzt die Ratingagenturen mit ihren undurchsichtigen und willkürlichen Bewertungen schuld. Darüber hinaus haben massive Spekulationen gegen die angeschlagenen Volkswirtschaften entscheidend zur Verschärfung der Krise beigetragen. Mit Hilfe von Leerverkäufen, ungedeckten Kreditausfallversicherungen, Termingeschäften und anderen Instrumenten wetten Finanzmarktjongleure gegen den Euro und einzelne EU-Mitgliedstaaten.

Bei der Frage nach Ursachen und Lösungen für die Schuldenkrise müssen jedoch auch hausgemachte Probleme wie marode Verwaltungsstrukturen, ungerechte und ineffziente Steuersysteme sowie selbst in guten Zeiten aufgetürmte Schuldenberge ins Visier genommen werden. Hinzu kommen wachsende Ungleichgewichte innerhalb der Eurozone.

Insbesondere Griechenland, Portugal und Spanien, aber auch Irland sind durch einen starken Rückgang ihrer Wettbewerbsfähigkeit gekennzeichnet. Auf der anderen Seite stehen die Exportmeister Deutschland, Österreich und die Niederlande. Im Falle Deutschlands wurden die Leistungsbilanzüberschüsse auch auf Kosten der Beschäftigten erzielt. So sank zwischen 2000 und 2008 der durchschnittliche Reallohn. Dies ging zu Lasten der Binnennachfrage.

(Den vollständigen Text mit dem Teil 2 "Zu spät und zu wenig - warum rückwärtsgewandte Politik versagt", Teil 3 "Für eine Finanzmarktreform mit Biss", Teil 4 "Neue Politik mit europäischem Format" unter Download)

 

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Katja Mast